Das Forschungsinstitut wurde am 1. Juni 2020 gegründet. Diesem Tag ging eine eineinhalbjährige Gründungsphase voraus, in der die elf Standorte Forschungsprojekte und Leitfragen entwickelt haben.
Unter dem Dach des FGZ sind zur Zeit 83 Forschungs- und Transferprojekte versammelt, die sich drei thematisch-methodischen Clustern zuordnen. Die Cluster bündeln unterschiedliche Perspektiven und Zugänge zur Erforschung gesellschaftlichen Zusammenhalts. In allen drei Dimensionen seines Forschungsprogramms verbindet das Institut unterschiedliche Methoden der quantitativen und qualitativen Sozialforschung.
Die drei Forschungscluster sind durch zentrale Aufgaben und Services des Instituts verknüpft, die an den drei koordinierenden Standorten Bremen, Frankfurt und Leipzig angesiedelt sind. Dazu gehört die eng mit der Forschung verbundene Rolle des Transfers. Das FGZ versteht es als seine Aufgabe, mit innovativen Formaten eine kollaborative Wissensproduktion von Forschung und Gesellschaft zu befördern. Mit seiner Dateninfrastruktur will das FGZ eine wichtige Referenz für die Erforschung und das Monitoring des gesellschaftlichen Zusammenhalts anbieten. Das Aus- und Weiterbildungsprogramm für Doktorand*innenInnen und Postdocs legt die Basis für die weitere Konsolidierung eines interdisziplinären Forschungs- und Praxisfelds von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Dem Geschäftsstellenbereich Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen obliegt es, die Forschungs- und Transferaktivitäten des FGZ der nationalen und internationalen Öffentlichkeit zu präsentieren und die wissenschaftlichen Publikationstätigkeiten des Instituts und seiner Mitglieder sichtbar zu machen.
Standort Hannover
Das FGZ-Teilinstitut Hannover am Forschungszentrum Transdisciplinary Rural Development Studies (TRUST) untersucht die Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts aus einer räumlichen, regionalen Perspektive von der Nachbarschaft bis hin zum europäischen Vergleich. Krisen wie die Corona-Pandemie zeigen, wie wichtig es ist, räumliche Unterschiede bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen zu beachten.
Inhaltlicher Schwerpunkt der Arbeitsgruppe „Raum für Zusammenhalt“ ist die Analyse räumlicher Differenzierungen in der Qualität der Verbundenheit von sozialen Kollektiven. Dies erfolgt in Hinblick auf Beziehungen, Identifikationen, Interaktionen und Orientierungen als wichtige Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenhalts in unterschiedlichen räumlichen Kontexten.
Als zentraler Ansatz der Arbeitsgruppe firmiert dabei die vergleichende Betrachtung räumlicher Merkmale, Muster sowie Mensch-Umwelt-Beziehungen in deren spezifischen Anordnungen. Die Arbeitsgruppe sieht in räumlichen Varianzen eine erklärende Variable für Prozesse des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Daher werden die für soziale Kohäsion als wesentlich betrachteten Zusammenhänge zwischen räumlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf unterschiedlichen räumlichen Maßstabsebenen in einem Mehrebenen-Design erforscht. Dieses untersucht, wie die sozial-räumliche Strukturierung gesellschaftlichen Zusammenhalts situativ, das heißt entlang von Gelegenheitsstrukturen verortet ist, aber auch, wie diese zwischen lokalen Kontexten (z.B. Stadtteilen, Dörfern oder Gemeinden), zwischen größeren räumlichen Einheiten (z.B. im Ost- / West-Vergleich von Großstädten, zwischen prosperierenden vs. strukturschwachen Regionen, städtischen vs. ländlichen Regionen) oder auch im internationalen Vergleich (z.B. unter unterschiedlichen wohlfahrtsstaatlichen Ansätzen, verschiedenen politisch-administrativen Systemen etc.) variieren.
Analyse von Akteur*innenInnen der Zivilgesellschaft
Ziele der Forschungsarbeit sind die Operationalisierung und Analyse handlungsleitender Faktoren und Beziehungen von sozialen Kollektiven innerhalb räumlich differenzierter Ebenen. Im Zentrum der Untersuchungen stehen dabei vor allem Akteur*innenInnen, die in je spezifischen Situationen Verantwortung für „ihren“ Raum und die Zivilgesellschaft übernehmen. Ferner thematisiert das FGZ-Teilinstitut am Standort Hannover das Zusammenwirken von räumlichen Strukturen, Elementen und Beziehungen sowie den Verbundenheiten Einzelner und von Kollektiven, die gesellschaftlichen Zusammenhalt ermöglichen, bilden, differenzieren oder hemmen. Die Arbeitsgruppe widmet sich daher drei zentralen Arbeitsfeldern:
- Interaktionen und Begegnungen zwischen Menschen in öffentlichen und semi-öffentlichen Räumen und deren Einfluss auf Einstellungen und Vorurteile,
- Akteur*innenInnen des Staates, des Marktes und der Zivilgesellschaft und die Voraussetzungen, Bedingungen und Strukturen, unter denen sie Gemeinschaftsgüter bereitstellen,
- zivilgesellschaftliche Verantwortungsübernahme, deren räumliche Kontextabhängigkeiten, Gelingensbedingungen, Bedrohungen sowie auch Auswirkungen auf unterschiedliche Dimensionen gesellschaftlichen Zusammenhalts (z.B. sozialräumlich definierte Identitäten, Beziehungsnetzwerke, Vertrauen in Institutionen).